Coworking – miteinander arbeiten, nicht nur in der Großstadt

Manche Ideen werden an bestimmten Orten schneller Realität als an anderen. Coworking ist so ein Beispiel. Coworking Spaces sind Orte, an denen sich Menschen zusammenfinden um zu arbeiten und sich gleichzeitig mit der Community – also den Nutzerinnen und Nutzern der Spaces – auszutauschen.

Es muss etwa 2010 gewesen sein, als ich mich zum ersten Mal mit dem Thema in Berührung kam: jemand hatte in einem Beratungsgespräch die Idee vorgestellt und wollte sich über Fördermöglichkeiten informieren. Das klang ja alles gut und recht für große Städte, aber ob so etwas im Allgäu funktionieren könnte? Und überhaupt, es gab ja auch noch Gründerzentren und Bürogemeinschaften. Mit der Förderung hat es damals für den Ideengeber aus formalen Gründen nicht geklappt.

Mich hat das Thema dann aber doch interessiert und ich habe einen Selbsttest gestartet, als ich in einmal München war und etwas Zeit und Arbeit hatte. Ergebnis: ich habe den im Internet angezeigten Workspace gefunden und es auch irgendwie geschafft, hineinzukommen. Die Atmosphäre hat mir gefallen, obwohl alles etwas gewollt modern war. Recht großstädtisch halt. Es schien niemand so richtig zuständig zu sein. Also bin ich wieder gegangen, habe meine Arbeit auf dem Heimweg im Zug erledigt und eine ganze Weile nicht mehr an Workspaces gedacht. Bis ich, wieder ein paar Jahre später, zu einer Besprechung in einen Workspace geladen war – der war kleiner, wunderbar analog und gemütlich, fast ein bisschen wie eine WG.

Aktuell scheint Coworking ein echter Renner zu sein. Ein paar Zahlen: Die Anzahl der auf der Plattform coworker.com registrierten Workspaces hat sich in einigen Städten zwischen Juni 2021 und September 2021 verdrei- bis vervierfacht. Spitzenreiter ist Stand September 2021 London mit über 1074 Spaces (Juni 2021: ca 240), gefolgt von Bengaluru in Indien mit 815 Spaces (Juni: 280), New York mit knapp 600 Spaces (Juni: 240). München kommt auf 312 Spaces (Juni: 70). Die Plattform ist mit über 18.000 Spaces in 172 Ländern vertreten und zählt rund 6 Mio. Nutzer*innen (Stand September 2021, Juni: 3 Mio. Nutzer*innen).

Auch außerhalb der Metropolen und Großstädte gibt es immer mehr Coworking Spaces. Die Deutsche Vernetzungsstelle für Ländliche Räume hat das Thema aufgegriffen und schon mehrfach Seminare zum Thema Coworking in Ländlichen Gebieten angeboten, und auch Informationen dazu zusammengestellt. Zusammenschlüsse und Plattformen entstehen, so etwa die German Coworking Federation e.V., der Bundesverband Coworking Spaces e.V. oder die Genossenschaft CoWorkLand. Sie alle beraten bei Gründung und Betrieb von Coworking-Spaces. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und CoWorkLand haben gemeinsam einen Leitfaden Coworking auf dem Land herausgegeben. Im Rahmen eines transnationalen LEADER-Projekts entstand eine Broschüre mit Tipps.

Neben der zahlenmäßigen Entwicklung findet auch eine zunehmende Spezialisierung statt: vom Retreat (wo man gleich auch wohnen kann), über Workation (für diejenigen, die das Arbeiten auch im Urlaub nicht lassen können) bis hin zu Maker Spaces (wo erkannt wurde, dass ein Arbeitsplatz nicht unbedingt ein Büro sein muss). Sie werden betrieben von Unternehmer*innen, Gemeinschaften, Kommunen, sind an Gründerzentren angedockt… kurzum: eine riesengroße Vielfalt.

Workspace-Betreiberin Jasmin Grah vom seven-work-space (links) hilft gerne weiter, wenn einmal eine Frage auftaucht. Foto: Iva Speranza, 2021.

Was mich bei meiner eigenen Gründung gefreut hat: Auch in Immenstadt im Allgäu gibt es seit 2020 einen Coworking Space. Im seven-wok-space finde ich einen Arbeitsplatz, schnelles W-LAN, Wasser, Kaffee und Tee, Besprechungsräume, vor allem aber andere Menschen für einen Austausch und für Inspiration. Während der Pandemie war es naturgemäß oft ziemlich ruhig im Space. Umso mehr freue ich mich, dass es jetzt langsam wieder losgeht. Die Gespräche und Kontakte sind immer spannend – und auf die nächste Pasta-Pause freue ich mich auch!